Leider nicht das erste und sicherlich nicht das letzte Mal: In Mönchengladbach wurde kürzlich ein Teenager von anderen Teenagern krankenhausreif geprügelt. Die Täter haben die Schlägerei selbst mitgefilmt und anschließend im Internet veröffentlicht. Die Rheinische Post berichtete als erste darüber (Paywall).
In einem Interview mit Spiegel Online verorte ich diesen Fall nun in medienpädagogischem Kontext:
Da das Interview hinter einer Paywall liegt, hier die wichtigsten Aspekte und Aussagen von mir (und noch mehr Gedanken dazu):
Hinter der Verbreitung von Gewaltvideos im Netz steckt in den meiste Fällen keine Böswilligkeit. Kinder und Jugendliche, die solche Videos verbreiten, sind nicht grundlegend schlechte Menschen. Solche Videos generieren viel Aufmerksamkeit und Klicks – die Währung der heutigen Jugend. Dennoch muss hier am ethischen Kompass gearbeitet werden, denn: Nicht alles, was im Netz geht, ist auch erlaubt oder sinnvoll. Eltern, Schulen und Medienpädagog*innen haben an der Stelle noch viel zu tun, denn Medienkompetenzförderung darf niemals stillstehen. Wichtig ist aber auch: Medienkompetenz hat viele Facetten und Sozialkompetenz ist eine davon – ganz analog. Wenn sich jemand in sozialen Netzwerken total danebenbenimmt, dann sind die Gründe dafür außerhalb von Social Media zu suchen. Eine Trennung von Online- und Offlineverhalten ist heutzutage nicht mehr zeitgemäß. Eltern, Schulen und Freizeiteinrichtungen müssen alle an einem Strang ziehen und angemessene Werte vermitteln. Die Zunahme an Hass im Netz empfinde ich als Armutszeugnis der Gesellschaft. Es fehlt an Empathie, Selbstregulation und Verantwortungsbewusstsein. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir (als Menschheit) verlernt haben um die nächste Ecke zu denken.
Ein Problem der heutigen Jugend?
Dieses Problem ist aber keineswegs nur auf Kinder und Jugendliche beschränkt – im Gegenteil: Gerade bei Erwachsenen, die es eigentlich besser wissen müssten (man möge jedenfalls meinen, Lebenserfahrung würde schlauer machen), entdecke ich immer wieder Leichtsinn und vor allem Egozentrismus. Erwachsene haben eine Vorbildfunktion für Jüngere und ich muss sagen: Wenn sich Erwachsene schon nicht am Riemen reißen können, weiß ich nicht, wer der jüngeren Generation unter die Arme greifen soll. Und übrigens: Alle, die diese Videos anklicken und anschauen, sind Teil des Problems, da sie damit zur Verbreitung beitragen.
Alles wegen Social Media?
Im Fall Mönchengladbach: Hier haben die Täter das Video sogar selbst hochgeladen und sind entsprechend schnell identifiziert worden. Zum einen haben diese Jugendlichen hier wohl mächtig die Konsequenzen unterschätzt, zum anderen sollte da ganz genau hingeschaut werden, wieso sie sich für ihre schlimme Tat so rühmen. Dass Jugendliche, die sich in der Öffentlichkeit prügeln, auf sich aufmerksam machen und sich profilieren wollen, ist nichts Neues. Das Internet bietet ein noch viel größeres Publikum als die Straße und diese Motivation wird bei der Entscheidung, das Video selbst zu veröffentlichen, sicherlich eine Rolle gespielt haben. Dennoch muss der Wertekompass dieser Jugendlichen auch außerhalb des Internets unter die Lupe genommen werden, ich vermute hinter der Tat auch eine Art Hilfeschrei.