… ihres Kindes.
Ja, richtig gelesen: In diesem Beitrag geht es ausnahmsweise nicht darum, wann Kinder fit sind für ihr erstes Handy, sondern um die Frage: Wann sind Eltern fit für das erste Smartphone ihres Kindes?
Ich sprach neulich mit einer Mutter, die mich nach Tipps zum Einrichten des Smartphones ihres Kindes fragte und zudem wissen wollte, wie sie die Mediennutzung in der ersten Zeit belgeiten soll. Ich gab ihr ein paar Tipps und verwies auf mein Buch „Screen Teens – Wie wir Jugendliche in die digitale Verantwortung begleiten“, das genau an der Stelle ansetzt: Wie können Eltern am Ball bleiben, wenn sich die Handy- und Mediennutzung ihres Kindes ihrer Aufsicht entzieht? Wie bewegen sich Kinder und Jugendliche durch die Medienlandschaft? Wieso nutzen sie Smartphones und Social Media auf diese Weise und was ist ihnen wichtig? Wo lauern Gefahren und wie können Eltern ihre Kinder davor schützen? Am Ende jedes Kapitels gibt es Checklisten mit konkreten Tipps und Tricks, die sich gut (also beiläufig und zeitsparend) in den Alltag integrieren lassen.
„Einmal Medienkompetenz mit allem – zum Mitnehmen, bitte.“
Die Mutter schaute mich entrüstet an und sagte in etwas patzigem Ton: „Ich habe nicht die Zeit ein Buch zu lesen. Mein Kind hat nächste Woche Geburtstag und kriegt dann sein erstes Handy. Ihr Buch ist bestimmt ganz super, aber ich brauche schnelle Tipps.“
Das hat mich ein wenig sauer gemacht. Es geht mir nicht darum, dass die Dame MEIN Buch liest, sondern, dass sie sich vernünftig auf die Handynutzung ihres Kindes vorbereitet. Sich ein paar Tage vor der Anschaffung des ersten Smartphones über die Nutzung Gedanken zu machen, finde ich unverantwortlich. Nun könnte man meinen „besser spät als nie“, wenn das Kind aber ordentlich vorbereitet werden soll, kann man die Aufklärung nicht übers Knie brechen. Ich möchte über diese Mutter und ihre Medienerziehung nicht urteilen, sondern dafür plädieren, die Vorbereitung ernst zu nehmen.
Das Alter ihres Kindes habe ich nicht erfragt, aber ich nehme an, dass es sich um das Kind handelte, das in ihrer unmittelbaren Nähe stand und dieses dürfte 10 oder 11 Jahre alt gewesen sein. Ich gab ihr auf die Schnelle ein paar Tipps, wo sie verschiedene Checklisten findet, die aufzählen, welche Grundlagen für die Nutzung des ersten Smartphones beachtet werden sollen (nicht die Checklisten aus meinem Buch, sondern Zusammenstellungen von Klicksafe [1]). Über diese Infos war sie dankbar, denn das war ein Format, mit dem sie etwas anfangen konnte. Allerdings enthalten auch diese Checklisten viele Punkte, die nur mit mehr Vorlaufzeit erfüllt werden können – das lässt sich einfach nicht vermeiden.
Bitte, liebe Eltern, nehmen Sie sich Zeit, um Ihr Kind an das erste Smartphone heranzuführen.
Dass nicht alle Eltern die Ressourcen haben, sich und ihr Kind ausgiebig vorzubereiten, verstehe ich absolut. Während die einen nicht die Zeit dazu haben und die anderen nicht die nötigen Kompetenzen, haben wiederum andere keine Idee, wie und wo sie anfangen sollen. Jeder dieser Gründe ist legitim, sofern zumindest erkannt wird, dass das Kind irgendeine Form der Begleitung benötigt und in irgendeiner Form Hilfe von Expert*innen angenommen wird (Infobroschüren oder welches Format auch immer zusagt).
Es gibt keine Faustregel, wann Eltern anfangen sollten, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Das kommt ganz darauf an, wie viel Interesse an guter Aufklärung sie haben und wie viel Zeit sie investieren können und wollen. Jede Familie ist anders und nutzt Medien anders. Viele Eltern haben zumidest eine Ahnung, worauf sie Ihr Kind vorbereiten müssen, weil sie sich aufmerksam durch die Medienlandschaft bewegen, andere fangen bei Null an.
Wenn Sie sich bei dem Gedanken ertappen, dass das erste Smartphone Ihres Kindes näher rückt, dann ist das der richtige Zeitpunkt, sich nach passender Lektüre und Unterstützung umzusehen.
In vielen Familien bekommen Kinder ihr erstes Smartphone beim Übergang in die weiterführende Schule, in diesen Fällen muss die erste Aufklärung also schon im Grundschulalter beginnen. Sobald das erste Handy eingerichtet ist, geht alles ziemlich schnell. Der Wunsch nach neuen Apps und Funktionen, wird stetig steigen – das ist völlig normal. Das Kind lernt immer mehr Möglichkeiten kennen, was mit dem Gerät alles geht und wird diese sukzessive mehr nutzen wollen. Dem Kind dabei zumindest einen halben Schritt voraus zu sein, ist somit das A und O.
Es lässt sich keineswegs vorhersehen, welche Herausforderungen, Probleme und Gefahren konkret und im einzelnen auf Sie zukommen werden, aber Sie können ein Gespür dafür entwickeln und sich vorab schlau machen, wo sie passende Informationen und Hilfestellungen bekommen, wenn Sie diese dann recht zügig benötigen.
Diese Mutter wirkte etwas panisch und ich finde: Das ist kein guter Start und hätte sich vermeiden lassen.
Panik ist kein guter Begleiter.
Gerade ist wieder ein neues Buch von Schulleiterin und Bestseller-Autorin Silke Müller erschienen. Nachdem sich das Buch „Wir verlieren unsere Kinder“ in erster Linie auf verstörende Inhalte in Klassenchats bezog, heißt das neue Buch nun „Wer schützt unsere Kinder?“ und nimmt KI-Folgen in den Blick. Vieles, was die Autorin in ihren Büchern anspricht, ist inhaltlich sicherlich richtig. Was mir aber schon am ersten Buch absolut nicht gefiel, ist die Art und Weise, wie sie sich dem Thema gewidmet hat: Durch das Schüren von Angst und Panik. Der neue Buchtitel lässt eine ähnliche Richtung erahnen.
In einem Spiegel-Interview vom 29.04.2024 erklärte Silke Müller, dass ihr neues Buch ein Weckruf sein solle, da man sich einer Gefahr erst bewusst werde, wenn man vom Schlimmsten ausgehe und sich dann auf die Suche nach Lösungen mache. Schon beim ersten Buch war das „Wachrütteln der Gesellschaft“ ihr Ziel. Damit, dass Probleme und Defizite klar benannt werden müsssen, hat die Autorin recht – auf diesen Ansatz greife ich auch immer wieder mal zurück, denn die Augen davor zu verschließen, wäre fatal. Ich bin aber gespannt, ob in dem zweiten Buch, das ich im Augenblick noch nicht gelesen habe, mehr Lösungsansätze für Eltern zu finden sein werden und nicht nur Aspekte besprochen werden, die ausschließlich von Politiker*innen und andere Entscheidungsträger*innen (die die Autorin in öffentlichen Auftritten durchaus mit anspricht) angepackt werden können.
Fazit
Am Ende ist es vermutlich eine individuelle Geschmacksache auf welchem Weg man sich auf die Begleitung der Mediennutzung von Kindern vorbereitet. Die Hauptsache ist, DASS Sie rechtzeitig anfangen sich damit zu beschäftigen. Mir als Medienpädagogin zeigt dieser Fall außerdem noch einmal, wie wichtig es ist, für das Thema „Begleitung der Mediennutzung“ zu sensibilisieren und Infos dazu in verschiedenen Formaten aufzuarbeiten (Checklisten, Broschüren, Videos, TV-Formate,…). Und zum Glück gibt es bereits sehr viele verschiedene Formate. Danke dafür an alle Medienpädagog*innen <3
[1]