Hat Ihr Kind Ihnen gegenüber schon mal geäußert, dass es YouTuber*in, TikTok-Star oder Influencer*in auf Instagram werden möchte? Und wenn ja, wie haben Sie reagiert? Vermutlich etwas spöttisch? Das wäre jedenfalls nicht verwunderlich, denn dieser Berufswunsch stößt bei Erwachsenen nicht unbedingt auf Verständnis. In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland* erkläre ich nun, was hinter dem Berufswunsch „Influencer*in“ stecken könnte – außer dem Wunsch, reich und berühmt zu werden. Da das Interview hinter einer Paywall versteckt ist, hier die wichtigsten Infos:
- „Influencing“ (auf Deutsch: Beeinflussung) hat viel Facetten. Lehnen Sie diesen Berufswunsch nicht völlig ab, denn Sie wollen schließlich keine Kindheitsträume zerstören, oder? Überlegen Sie gemeinsam, welche anderen Berufe dahinter stecken und das Interesse Ihres Kindes wecken könnten: Ist vielleicht Videoschnitt für Ihr Kind das Spannende an dieser Tätigkeit? Das gehört nämlich oftmals zu den Fähigkeiten von Internetstars. Oder könnte der Bereich Werbung/PR interessant sein? Geht es darum, eine große Bühne für die bereits vorhandenen Talente oder Hobbys zu bekommen? Stehen bestimmte Interessen im Vordergrund, für die es eigene Berufe gäbe? Nehmen Sie den Wunsch jedenfalls zunächst ernst und forschen Sie tiefer nach.
- Klären Sie Ihr Kind darüber auf, wie schwer es ist als Influencer*in tatsächliche Erfolge zu verbuchen. Wer gut kochen kann, wird nicht unbedingt der nächste Star-Koch. Was auf Social Media zu sehen ist, sind zudem die Endergebnisse hinter stundenlanger Arbeit bis Bild, Licht, Sound und Videoschnitt passen. Außerdem fliegt Influencer*innen ihr Geld und Ruhm nicht einfach zu: Manche haben einfach Glück oder ein besonderes Talent, aber das betrifft einen Bruchteil. Oft sind sie nur so gut wie ihre Marketingkonzepte. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie das Geld reinkommt (z.B. Sponsoren, die nach Klicks/Likes oder nach Anzahl der Beiträge/neuem Content bezahlen). Neben Sponsoren, einem guten Konzept, viel Zeit, kreativen Ideen und Alleinstellungsmerkmalen, müssen gute Influencer*innen auch viel Ausdauer und Belastbarkeit mitbringen – Pausen ruinieren das Geschäft. Außerdem tragen öffentliche Personen, besonders die mit hoher Reichweite, eine hohe Verantwortung für die Inhalte, die sie verbreiten: andere Kinder und Jugendliche orientieren sich daran (so wie Ihr Kind auch).
- Sprechen Sie über die Schattenseiten, die das Leben auf dem Präsentierteller mit sich bringt. Die eigene Privatsphäre zu schützen, muss immer das oberste Ziel bleiben, gleichzeitig ist es der Aspekt, der sich am schlechtesten mit einem Leben in Öffentlichkeit vereinbaren lässt. Schauen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind Berichte von anderen Influencer*innen an, die davon berichten, wie ihr Leben hinter den Kulissen verläuft. Sprechen Sie auch über Hass im Netz, über Mobbing und andere negative Begleiterscheinungen, die bei großer Aufmerksamkeit auf Social Media nicht ausbleiben. Auch medial verzerrte Rollen- und Körperbilder und Rassismus könnten in dem Zusammenhang relevante Themen sein, die Ihr Kind nicht selbst auf dem Schirm hat.
- Besonders wichtig: Lassen Sie zu, dass Ihr Kind sich in einem geschützten Rahmen ausprobieren darf, aber stecken Sie klare Grenzen ab. Ein anstachelndes Publikum kann schnell dazu verleiten, eigene Grenzen zu überschreiten, z.B. vor der Kamera mehr Geheimnisse auszuplaudern als geplant, mehr Haut zu zeigen als angemessen wäre, oder sich zu waghalsigen Mutproben verleiten zu lassen. Für solche Momente braucht Ihr Kind klare Exit-Optionen, um dem Druck von Vielen trotzdem Stand zu halten.
Weitere Infos zu dem Thema können Sie in meinem Buch „Screen Teens – Wie wir Jugendliche in die digitale Verantwortung begleiten“ nachlesen – darin habe ich dem Thema ein ganzes Kapitel gewidmet („Mama, ich will Influencer*in werden!“).
* Hinweis: In dem Artikel werde ich folgendermaßen zitiert: „Wer super Gitarre spielt oder besonders gut kochen kann und Videos davon bei Youtube hochlädt, wird nicht automatisch demnächst ein bekannter Musiker oder der nächste Star-Koch sein“, sagt Wawrzyniak, die aus Erfahrung weiß: „Auf diesem Weg erfolgreich zu sein – das schafft nicht jeder!“ Der Zusatz über meine eigene Erfahrung ist etwas missverständlich formuliert: Ich habe selbst nie versucht, auf Youtube oder Social-Media-Plattformen erfolgreich zu werden. Meine Aussagen beziehen sich auf das Verhältnis von veröffentlichten Videos zu viral gegangenen Videos: nur ganz wenige Inhalte führen zu großen Erfolgen.