Gestern und heute war mein Buch „Screen Teens“ bei Amazon als „Bestseller“ gekennzeichnet. Den ersten Platz erhielt das Buch in der Kategorie „PC- & Internetsicherheit“. Ich freue mich sehr darüber! Vor allem Edward Snowdens Biographie „Permanent Record“ auf den Plätzen hinter mir zu lassen: Wahnsinn. Nach 24 Stunden war der Status wieder passé, aber so ist er nun mal, der hart umkämpfte Markt. Und bei Amazon, der größten Online-Shopping-Plattform weltweit, passt sich das Bestseller-Label natürlich automatisch in Echtzeit (mindestens mehrmals am Tag) an.
Über Amazon schreibe ich in „Screen Teens“ nicht, da Online-Käufe für Minderjährige ohnehin nicht erlaubt sind und ich, auch wenn sie trotzdem nicht an der Plattform vorbeikommen, thematisch irgendwo eine Grenze ziehen muss. Aber ein paar Worte möchte ich nun doch über die Plattform verlieren.
„Screen Teens“ als Amazon-Bestseller im Dschungel von Algorithmen
Wie es dazu kam, dass mein Buch auf der Bestseller-Liste landete? Keine Ahnung. Das werde ich nie erfahren. Amazon gibt einige wenige Kriterien an, die zu solch einer Bewertung führen, wie die verkauften Exemplare und die abgegebenen Bewertungen/Rezensionen für das Buch. Ich gehe also stark davon aus, dass es in diesen Tagen stark in dieser Kategorie nachgefragt wurde – ist ja logisch. Im Hintergrund arbeiten aber sehr viele Algorithmen, die die Produkte auf der Plattform in ein Ranking setzen, und mit menschlicher Logik gar nicht mehr vollständig durchdrungen werden können. Amazon gehört nämlich zu den größten Playern im Big-Data-Business.
Hier ein kleiner Einblick in die Buchrezensionen zu „Screen Teens“, die mir bisher begegnet sind.
Ich freue mich über weitere – nicht nur bei Amazon.
Jeder Klick wird ausgewertet, jede Produktsuche, jeder Kauf und sogar die Verweildauer auf den jeweiligen Produktseiten. Es wird ausgewertet woher die Kund.innen die Seite angesurft haben, von welchem Standort, welchem Gerät, welchem Browser und von welcher anderen Internetseite sie zu dem Produkt gekommen sind. Welche Produktinformationen angeklickt wurden, welche anderen Produkte davon ausgehend angeschaut wurden, usw. Selbstverständlich wird auch analysiert, welche Produkte die Kund.innen bereits gekauft haben und welche ihnen auf Basis dieser Information, ihrem Wohnort und ihren anderen Interessen, passen könnten. Und das ist es, was Amazon für Käufer.innen so attraktiv macht: Die endlose Fütterung unserer Interessen mit immer mehr Angeboten, die perfekt auf uns zugeschnitten sind.
Auch ich bin Kundin bei Amazon. Ich liebe es. Und ich hasse es. Neben den schlechten Arbeitsbedingungen, von denen immer wieder in der Presse berichtet wird, stört mich auch tierisch, wie mit Verpackungen und zurückgesendeten Waren umgegangen wird: Ein faustgroßes Produkt landet schon mal in einem ein Meter großen Karton und retournierte Sendungen werden teilweise einfach vernichtet. Und trotzdem bin ich Teil dieses kaputten und konsumgesteuerten Systems, denn ich kaufe dort immer wieder mal ein. Immer, wenn es „schnell gehen“ muss, oder wenn mir ein Produkt in den Sinn kommt, das ich unbedingt JETZT haben möchte. Manchmal sind Produkte dabei, die ich auch in einem lokalen Laden meiner Stadt oder zumindest in einem anderen Online-Shop finden würde, aber nein: Bequemlichkeit siegt. Schon mit wenigen Käufen ist man für Amazon ein offenes Buch und das Unternehmen kennt einen besser als man selbst. Je mehr Käufe getätigt wurden, desto zuverlässiger passen die vorgeschlagenen Produkte zu den persönlichen Interessen.
Kleiner Schlenker (Buchwerbung): Sehr empfehlenswert finde ich an dieser Stelle auch den Roman „Qualityland“ von Marc-Uwe Kling: In seiner Welt gibt es die Shopping-Plattform „The Shop“ und die Produkte werden per Drohne direkt vor die Haustür der Kund.innen geliefert. Ja, vor die Haustür der Kund.innen, die zunächst noch keine Käufer.innen sind. Denn „The Shop“ weiß natürlich schon, was die Kund.innen haben möchten, bevor sie es bestellt haben und besteht dann darauf, dass das Produkt gekauft/bezahlt werden muss, weil es nunmal laut Berechnungen der Herzenswunsch dieser Person sei. Keine Rücknahme möglich.
Vor etwa einem Jahr habe ich bei Amazon mal von meinem Auskunftsrecht nach Artikel 15 DSGVO Gebrauch gemacht. Dieser Artikel besagt, dass jeder das Recht hat, zu erfahren, welche Daten ein Unternehmen oder eine Behörde von einem gespeichert hat. Dazu zählen Stammdaten genauso wie interne Notizen und Informationen, die sich durch algorithmisierte Entscheidungsfindung zusammengesetzt haben. Nach Anforderung einer Datenauskunft hat das Unternehmen vier Wochen Zeit, um diese Auskunft zu bearbeiten. Ich bekam nie eine Antwort. Leider geriet mein Ärger nach einigen Wochen wieder in Vergessenheit und ich bin nicht dran geblieben, aber ich werde mich in Zukunft noch einmal dahinter klemmen und bin gespannt, wie viele Informationen Amazon über mich preisgibt. Da ich sicherlich schon seit über 10 Jahren dort registriert bin, müssten es, meinen Berechnungen zufolge, hunderte Seiten sein.
Was ich allerdings schon seit vielen Jahren mache: Ich nutze nicht die Amazon-App, sondern logge mich immer über den Browser ein. Im Browser hat man bessere Möglichkeiten, verschiedene Privatsphäre- und Datenschutzeinstellungen vorzunehmen als über die App, z.B. das Ablehnen von Cookies und das Blockieren von Werbung. Das gibt mir das Gefühl, ein kleines bisschen mehr Einfluss auf mein Datensendeverhalten zu nehmen.
Mehr über das Datensammelleidenschaft von Online-Diensten und Apps beschreibe ich in meinem Mini-Buch „Vertrauenswürdige Webangebote und Apps – einfach selbst prüfen und bewerten“.